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Farmacia di Vaiano, Sociedad cooperativa


Interview mit Carlo Taiti am 12.9.2007. Die Apotheke wurde 1908 von verschiedenen Familien als „coop de consumo“ – Verbrauchergenossenschaft gegründet, um einen bisher fehlenden Service in Vaiano einzurichten. Heute ist es nicht mehr möglich, eine Apotheke als coop zu gründen. Apotheker haben in Italien eine starke Monopolstellung. Entsprechend restriktiv ist die Regelung für Neugründungen: Nur nach gemeinsamen Beschluss der Kommune und der Apothekerinnung kann über einen Wettbewerb eine Lizenz vergeben werden. Da der Präsident der coop selbst nicht Apotheker ist, kann er an diesem Wettbewerb nicht teilnehmen. Darüber hinaus kann die Lizenz der coop nicht weiterverkauft werden, sie würde mit dem Ende der coop erlöschen.
Die Verbrauchergenossenschaft hat 900 soci - Mitglieder, alle 3 Jahre werden „presidente“ und 15 „consiglieri“ - Berater gewählt. Mitglied kann man schon für 5 € Beitrag werden. Alle „soci“ arbeiten ehrenamtlich, auch der Präsident. Die Angestellten und Apotheker sind nicht notwendig „soci“ und haben normale Arbeitsverträge. In Italien dürfen nur Apotheker am Tresen stehen und die Arzneimittel verkaufen. Alle Medikamente auf Rezept werden nach den staatlich festgesetzten Preisen abgegeben, die rezeptfreien "parafarmaci" werden billiger verkauft, als in normalen Apotheken üblich. Allerdings wacht die Konkurrenz darüber, dass in Vaiano nicht zu viele Medikamente zu günstigen Konditionen abgegeben werden. Neben Rabatten gibt es für Mitglieder Geschenke, etwa zur Geburt eines Kindes und medizinische Serviceleistungen, die von der staatlichen Versorgung nicht bezahlt werden: Monatliche Fachsprechstunden „ambulatorio“ für Kinder, Audiometrie, Radiologie etc.
Der Gewinn wird nicht an die „soci“ ausgezahlt, sondern in soziale Projekte investiert oder an NGOs gespendet. Um im sozialen Bereich stärker aktiv werden zu können, wurden die Statuten der coop in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung verändert. Der Gewinn der Apotheke verteilt sich auf Rücklagen (fondo riservi), geht an Projekte und Vereine und wird in soziale Dienstleistungen (servici sociali) gesteckt. Zwar sind durch staatliche Umstrukturierungen, den größeren Anteil von Generika die Umsätze in den letzten 8 Jahren um ein Drittel zurückgegangen, aber die Apotheken verdienen nach wie vor viel... Im Moment wird in Absprache mit der staatlichen Gesundheitsbehörde ASL ein Tagespflegehaus für alte Menschen geplant. Bereits vor Jahren wurde ein Wohn- und Gemeinschaftshaus von der coop gekauft, mit Versammlungsräumen und einer Nähwerkstatt. Das Gebäude wurde inzwischen an die Kommune verkauft und damit Kapital für das neue Altenpflegeprojekt geschaffen. Dieses Projekt ist mit  10-12 Mio. € veranschlagt, das Grundstück ist schon gekauft.

Das Tal von Vaiano wurde schon früh von der Textilherstellung geprägt. "Sciompi" haben für die Medici in Florenz gewebt und ihre Stoffe hier im Fluss gewaschen, weil das Wasser so wenig Kalk hat. An den Ufern kann man noch heute Reste der Becken und Staustellen sehen.
Carlo Taiti erzählt von der starken Tradition der Freiwilligenarbeit im Tal, das schon vor dem Krieg als „valle rosso“ - rotes Tal bekannt war. 1860 haben sich 1000 Arbeiter der Textilfabrik zusammengeschlossen, um soziale Leistungen zu organisieren. Später kam im großen Stil die Wollrecyclingindustrie in das Tal. Früher gab es viele Arbeiter, eine starke Gewerkschaft und einen starken Zusammenhalt. Das hat die Fabrikbetreiber schon in den 50er Jahren auf die Idee gebracht, die Produktion wieder aufzuteilen: Die ArbeiterInnen wurden entlassen, ihnen wurde nahe gelegt, sich von der Fabrik Maschinen zu leihen oder zu kaufen, sie zuhause aufzustellen und als "Selbständige" für ihre früheren Arbeitgeber zu arbeiten. Viele Weber hatten dann eine kleine Webmaschine, blieben aber völlig von der Fabrik abhängig, die ihnen Produkte und Preise diktierte. Die Fabrikbesitzer hatten die „sforza sindicale“ – Macht der Gewerkschaften erfolgreich ausgehebelt.

Vaiano hat heute bei 10.000 EinwohnerInnen 17 Vereine und es gibt viele Gemeinschaftsaktivitäten: In einem Projekt nähen ältere Menschen für gemeinnützige Zwecke, es gibt eine Stiftung für behinderte Kinder, die keine Eltern haben, das Altenpflegeprojekt der coop soll verschiedene Aktivitäten verbinden, damit kein Alten-Ghetto entsteht.

Carlo fährt uns im roten Apothekenbus zu dem von der coop gebauten Gemeinschaftshaus. In der Werkstatt sitzen 7 oder 8 ältere Damen und ein Herr an Nähmaschinen. Sie schneidern historische Kostüme für ein Garibaldi-Fest, üppige Kleider, eine ganze Menge von roten Garibaldi-Hemden. Man ahnt, dass sie schon ihr ganzes Leben mit Stoffen gearbeitet haben. Eine Dame führt uns herum. Sie zeigt uns eine Informationstafel, darauf  Bilder von Kamelen, die mithilfe der Spenden aus dem Verkauf der Kostüme gekauft wurden, um Frauen und Kinder in einem ägyptischen Dorf mit Milch zu versorgen. Wir machen ein Foto von den Damen und würden am liebsten noch bleiben.



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Eine Verbraucherkooperative in der Toskana

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